Verschiedene Methoden in der Paartherapie

Paartherapie kann mithilfe ganz verschiedener Methoden und Haltungen angeboten werden. Dieser Beitrag soll einen kurzen, verständlichen Überblick bieten.

PAARTHERAPIE

L. Fischer

12/12/20238 min read

Im Bereich der Paartherapie sind verschiedene Therapiemethoden zu finden. Da ist es manchmal gar nicht so leicht den Überblick zu behalten oder zu entscheiden, welche*r Paartherapeut*in denn nun zu mir passt. Deshalb finden Sie hier eine kleine Vorstellung der unterschiedlichen „Schulen“, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Bei Fragen, schreiben Sie mir gerne eine Mail oder rufen Sie mich an.

Kognitive Verhaltenstherapie in der Paartherapie (KVPT):

Die kognitive Verhaltenstherapie erfreut sich sowohl in der Psychotherapie, als auch in der Paartherapie einer großen Beliebtheit. Schwerpunkte in der verhaltenstherapeutischen Paartherapie sind vor allem Reziprozitätstraining und Kommunikationstraining. Der Fokus liegt auf: Es geht um „Trainieren“ und „Neu Lernen“ eines Verhaltens. Es wird davon ausgegangen, dass die schwerwiegenden Probleme in einer Paarbeziehung durch Kommunikationsprobleme und durch den Verlust von positiven Interaktionen, entstehen. Positive Interaktionen sind Situationen, in denen das Paar sich einander zuwendet, sich öffnet, sich interessiert zeigt am Gegenüber oder miteinander lacht.

Kommunikationstraining bedeutet konkret, dass Strategien erlernt werden, wie „Ich-Botschaften“, Vier-Seiten einer Nachricht (Schulz von Thun) und Deeskalationsstrategien in einem Streit. Es wird davon ausgegangen, dass Paare zunächst gut miteinander kommunizieren können müssen, bevor man an anderen Themen arbeiten kann.

Rezipiprozitätstraining beinhaltet ein sehr verhaltenstherapeutisches Verständnis von Beziehung: „Wenn Person A ein bestimmtes Verhalten von Person B erwartet, dies jedoch nicht von Person B gezeigt wird, dann wird Person A das nicht erwünschte Verhalten von Person B mit einer Konsequenz versehen"

Bedeutet konkret: Wenn Peter sich wünscht, dass Heike mehr Zeit mit den Kindern verbringt, diese aber weiterhin lange bei der Arbeit bleibt und erst spät abends nach Hause kommt, dann könnte Peter diesem Verhalten mit passiv-aggressivem Nörgeln, Vorwürfen, offenem Streit oder Ignorieren, begegnen. Damit erfährt Heike eine negative Konsequenz (unangenehme Emotion wird ausgelöst, wahrscheinlich Frustration, Ärger oder Schuld und Scham) und wird (so Peters Hoffnung) pünktlich nach Hause kommen.

In der Therapie würde es nun darum gehen, statt Verhalten negativ zu verstärken (also zu ignorieren, aber innerlich wütend zu bleiben) oder zu bestrafen, lieber gutes Verhalten positiv zu verstärken. Wer sich mit Hundeerziehung auskennt, sieht hier vielleicht eine Parallele. Verhaltenstherapie basiert schließlich auf Grundlage von Tierbeobachtungen.

Das würde konkret bedeuten: Wann immer Heike pünktlich nach Hause kommt, wird sie von Peter gelobt, gestreichelt oder angelächelt und das motiviert Heike schließlich öfter pünktlich nach Hause zu kommen (z.B. weil sie sich auf Peters Lächeln freut). Dadurch soll das Paar sich immer häufiger „positiv“ anstecken und dadurch entstehen in der Summe mehr positive Interaktionen, als negative.

Emotionsfokussierte Paartherapie (EFT; als Vorreiterin in der Paartherapie: Sue Johnson)

Die Emotionsfokussierte Paartherapie ist besonders in den USA weit verbreitet, schwappt aber immer mehr nach Deutschland über. Diese Art der Paartherapie geht vor allem davon aus, dass Paare, die in eine Paartherapie kommen, es nicht schaffen über ihre Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen. Stattdessen verheddern sie sich in Gesprächen über „Sachthemen“, wie „Wer bringt den Müll raus?“, „Was schenken wir deiner Mutter zu Weihnachten?“ oder „Wieso bringst DU die Kinder nicht mal zum Fussball?“. Das sind oberflächlich betrachtet alles wichtige Fragen, um den Alltag gemeinsam zu meistern und sicherlich Themen, die besprochen werden müssen. Allzu oft werden jedoch anhand dieser „Sachthemen“ eigentlich „Emotionsthemen“ ausgehandelt.

Eine Seite könnte sich zum Beispiel vehement dagegen wehren den Müll herauszubringen, nicht weil er*sie es nicht schaffen könnte, sondern weil diese Seite den Eindruck hat „Ich mache schon viel mehr als du“ oder „Du lässt mich emotional total allein oder möchtest keinen Sex mehr mit mir, deshalb fühle ich mich zurückgewiesen und möchte dir und unserer Beziehung gerade nichts Gutes tun“. Es wird deutlich: Im Prinzip geht es da nicht um die Haushaltsaufteilung und eine Auflistung wer was im Haushalt macht, wird das grundlegende Gefühl von Einsamkeit und Ablehnung nicht beheben können. Gleichzeitig geht die EFT davon aus, dass genau diese Gefühle besprochen und damit sichtbar werden müssen für das Gegenüber, damit dieser auch eine Chance hat, auf sie einzugehen.

Ziele der EFT sind demnach Bedürfnisse voreinander äußern zu können, für eigene Bedürfnisse einzustehen, dem Gegenüber auch die eigenen Bedürfnisse zugestehen zu können und dann auf dieser Ebene auszuhandeln: Wie möchten wir miteinander umgehen? Was brauchst du, was brauche ich, damit wir uns wieder gegenseitig etwas geben möchten? Wie geht es dir, wenn ich mich so verhalte? Was löst dieses Gefühl im Folgenden aus? Was brauche ich emotional von dir und was sollte ich dir emotional geben?

Systemische Beratung/Therapie:

Der systemische Ansatz ist sicherlich der am weitesten verbreite Ansatz in der Paartherapie. So bieten viele der systemischen Berater*innen und Therapeut*innen, neben Familien- und Teamberatungen, auch Paarberatungen an. Dabei verfolgt der systemische Ansatz eine ressourcenorientierte, neutrale und auftragsorientierte Haltung gegenüber den Klient*innen. Das bedeutet, dass nicht die Person mit dem „Problem“ das eigentliche Problem darstellt, sondern das Problem immer zwischen den Menschen existiert (in den Beziehungen). Gleichzeitig arbeitet die systemische Beratung stark auftragsorientiert („Es gibt nur ein Problem, wenn Sie sagen, es ist ein Problem“) und schaut ganz bewusst auf die vorhandenen Stärken einer Person. Dafür nutzt die systemische Haltung immer wieder das Prinzip der Kontextualität: „In welchem Kontext wäre dieses Verhalten eine Stärke? In welchem Kontext würde es Vorteile bringen?“

Gleichzeitig spezialisiert sich die systemische Therapie und Beratung schon immer auf Mehrpersonen-Arbeit, während die anderen Methoden aus der Arbeit mit Einzelpersonen entstanden sind. Dadurch entsteht auch die Spezialisierung der systemischen Therapie für manchmal sehr komplizierte, aber unheimlich machtvolle Fragen wie „Was denkst du, denkt dein Partner über dich in dieser Hinsicht?“ oder „Was denkst du, was denkt deine Partnerin, wie du sie siehst?“ (auch zirkuläres Fragen genannt). Durch diese Art von Fragen können spannende Einsichten und neue Perspektiven auf die Beziehung, auf das was sich zwischen zwei Menschen abspielt, erschlossen werden.

Schematherapie

Schematherapie ist eine noch lange nicht so verbreitete Methode in der Paartherapie-Landschaft. Gleichzeitig ist sie bereits im Rahmen der Psychotherapie sehr gut erforscht und hat hier ihren festen Platz irgendwo zwischen tiefenpsychologischer und verhaltenstherapeutischer Psychotherapie eingenommen. Die Schematherapie ist dabei ein integrativer Ansatz und zeigt eine überaus sinnvolle Kombination aus verhaltenstherapeutischen Elementen, wie Selbstwirksamkeit durch Aktivitäten stärken, Gedanken hinterfragen und neue Verhaltensweisen ausprobieren und tiefenpsychologischen Elementen, wie Prägungen aus der Kindheit, Einfluss von Beziehungserwartungen und dem Konzept der Gegenübertragung (Was erwarte ich von meinem Gegenüber heute, weil ich es früher schon immer so erfahren habe?).

Die Schematherapie kann dabei wunderbar auf eine Paarbeziehung übertragen werden, da sie nicht nur erklären kann, weshalb Paare an ganz bestimmten Themen immer wieder in Konflikte geraten, sondern auch, weshalb Menschen sich immer wieder Partner*innen mit bestimmten Eigenschaften aussuchen. Dabei geht es in der Schematherapie zum Einen um die Dynamik zwischen den Partner*innen, aber auch um die eigenen Themen der Beteiligten, die sich unweigerlich in der Dynamik zeigen.

Als Beispiel: Sina und Tom streiten sich darüber, dass sie eigentlich sonntags früh zu den Eltern von Sina fahren wollten. Tom hat die Nacht davor zu lange mit einem Freund gefeiert und ist deshalb gerädert. Sina wird im Streit immer lauter und Tom wird es zu viel und er verlässt die Wohnung, um Dampf abzulassen. Sina packt wütend ihre Sachen und wartet darauf, dass Tom zurückkehrt.

Der erste Schritt wäre an dieser Stelle zu ergründen, welche Emotionen und Bedürfnisse mit dem nach außen beobachtbaren Verhalten, zusammenhängen. Sina könnte verletzt sein und sich alleingelassen fühlen, sie könnte den Eindruck haben, Tom nehme ihre Wünsche ihre Eltern zu sehen, nicht ernst. Sie hat sich vielleicht schon sehr auf das Treffen gefreut, weil sie ihre Eltern schon lange nicht gesehen hat oder ihr Vater vor Kurzem einen Herzinfarkt hatte und sie den Eindruck habe, er könne plötzlich bald versterben. Tom wiederum könnte überfordert sein von der Vehemenz und der Lautstärke, mit der Sina den Konflikt angeht. Gleichzeitig könnte Tom dadurch auch unsicher und ängstlich geworden sein und befürchtet haben, dass Sina die Beziehung insgesamt in Frage stellt, weil er eigentlich seit Längerem den Eindruck habe, er mache immer alles falsch und sie würde es kaum noch mit ihm aushalten. Um dieser Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, verlässt er lieber die Situation.

All dies sind häufig Aspekte, die sehr schwierig sind in einem Streit zu erkennen und zu äußern. Häufig auch aus Angst, dass das Gegenüber nicht sensibel genug mit diesen Verletzlichkeiten umgeht in der Streitsituation. Über diese Ängste und Bedürfnisse zu sprechen, wäre nun vor allem Hauptbestandteil der emotionsfokussierten Therapie. Dieser Schritt ist ein ganz entscheidender, da nur so die wirklich wichtigen Themen im Hintergrund besprechbar werden und es so zu einer Klärung auf emotionaler Ebene kommen kann.

Die Schematherapie geht dann aber noch einen Schritt weiter und schaut auf die Herkunft des heutigen Verhaltens. Sina hätte sich auch traurig zurückziehen können, statt laut und fordernd zu werden. Tom hätte auch schreiend und angreifend reagieren können, statt die Situation zu verlassen. Die Schematherapie geht davon aus, dass in so einer emotional aufgeladenen Situation, alte Muster ("Schemata") anspringen, die unser heutiges Verhalten bestimmen, aber eigentlich ganz viel mit unserer Vergangenheit zu tun haben.

Bei genauerem Erkunden der Lebensgeschichte wird deutlich, dass Sina als Kind häufig erleben musste, wie ihre Mutter mit sich selbst beschäftigt war, der Vater kaum zuhause und so Sina sich immer um sich selbst und ihren kleinen Bruder kümmern musste. Dabei kam es manchmal so weit, dass sie ihrer Mutter gegenüber laut werden musste, damit diese mit dem Bruder zum Arzt geht oder sie rechtzeitig zur Schule fährt. Tom hingegen kennt aus seiner Kindheit, dass sein Vater manchmal sehr laut und polterig war und dies zu Konflikten mit der Mutter führte. Seine Mutter war schnell überfordernd, wenn der Vater laut wurde oder zu viel getrunken hat und verließ dann das Haus für mehrere Tage, um dem Streit und dem Lärm so zu entgehen.

Dies führt zur Ausprägung von Angriff (Sina) und Rückzug (Tom). Eine Konstellation, die häufig eine lange Zeit sehr gut geht, weil die Konflikte so augenscheinlich schnell beiseite gelegt werden können, wenn eine Person sich der anderen immer unterordnet oder vermeidet. Gleichzeitig merken beide, dass ihre Unsicherheiten und Ängste nicht vom Gegenüber erkannt werden, sie sich immer wieder erklären müssen und immer wieder dieselben Streitigkeiten entstehen.

Die Schematherapie nutzt nun verschiedene Methoden (verhaltenstherapeutisch, emotionsfokussiert, systemisch, tiefenpsychologisch), um sich mit diesen Prägungen, auseinanderzusetzen. Es geht darum erworbene Verhaltensmuster zu hinterfragen und zu überlegen, ob sie heute eigentlich noch so nützlich sind. Vor allem: Ob sie heute zu einer stabilen, glücklichen Beziehung beitragen. Es geht dann vor allem in den Einzelsitzungen um das Verstehen und das Hinterfragen der Schemata, immer mit der Haltung, dass diese früher absolut sinnvoll und notwendig waren, heute aber leider immer wieder Probleme verursachen. In den Paarsitzungen geht es dann darum, die Muster des Gegenübers kennenzulernen und Strategien zu besprechen, wie sich beide Partner*innen darin unterstützen können, nicht in das schädliche Muster zurückzufallen.

Zusammenfassung:

Da ich Schematherapie anbiete, liegt es nahe, dass ich besonders überzeugt von dieser Art der Paartherapie bin, vor allem weil sie so viele Methoden so sinnvoll miteinander verbindet. Außerdem bietet das schematherapeutische Herangehen die Möglichkeit in der Tiefe nachzuvollziehen, was in uns und im Gegenüber passiert und ermöglicht damit die Chance für eine grundlegende und langfristige Veränderung. Für mich stellt die Schematherapie die perfekte Kombination aus effizientem, pragmatischen Vorgehen und tiefgehender Betrachtung und Veränderung, dar. Gleichzeitig wird kein*e Paartherapeut*in die eine Methode komplett glasklar und ohne Abweichungen anbieten und durchführen. Gute Paartherapeut*innen suchen immer die sinnvollste Kombination von Methoden, aus einem großen Tool-Pool, um der Individualität des Paares gerecht werden zu können. Wenn es zu einer guten Passung zwischen Paar und Therapeut*in kommen soll, spielen natürlich noch mehr Faktoren eine Rolle, als nur die Methode. Wichtig ist darüber hinaus ganz simpel - Sympathie. Wenn Sie Ihre Paartherapeut*in nicht beide als sympathisch, einfühlsam und kompetent wahrnehmen, dann ist eine Therapie meistens zum Scheitern verurteilt. Da wir Menschen eine gute Menschenkenntnis haben, tritt so ein Gefühl von „Die Nase passt mir nicht“ meistens schon sehr früh auf und dann macht es nur Sinn, die Therapie bei einer*m anderen Therapeut*in aufzunehmen. Erfahrungsgemäß kommt eine schlechte Passung tatsächlich nur selten vor – sollte dann aber ernst genommen werden.